Heiße Quellen und ein Rosa Panther
Katherine – Larrimah
Zwischen Katherine und der nächsten Kleinstadt, Tennant Creek (2000 Einwohner) liegen fast 700km. Dazwischen gibt es nicht viel, außer ein paar Roadhouses (Raststätten) und ein paar Dörfer.
“Viele Radfahrer drehen um und nehmen den Bus,” sagte Coco, der Hostel-Besitzer in Katherine. “Zu dieser Jahreszeit ist der Gegenwind so stark, dass man manchmal nur 50km pro Tag schafft.”
Wir verließen Katherine um 7 Uhr morgens mit Nahrungsmitteln für eine ganze Woche in unseren Satteltaschen. Wir erwarteten, dass wir 8 Tage fahren würden bis nach Tennant Creek, und vielleicht auch noch einen Ruhetag einlegen würden. Es ist sehr schwer für einen Radfahrer, genügend Nahrungsmittel für 9 Tage mitzunehmen (wir essen sehr viel!), daher hofften wir, in ein paar Tagen in einem Roadhouse noch etwas dazukaufen zu können.
Die Fahrräder waren schwerer als je zuvor, aber Guy’s war nicht ganz so schwer wie es sein sollte: 5km außerhalb des Ortes merkte er, dass er vergessen hatte, seine Wasserflaschen aufzufüllen. Das Problem wurde zeitweise gelöst indem er seine Flaschen an einem kleinen Fluss auffüllte, und wir wussten, dass es in 50km eine Raststätte mit einem Wassertank geben würde. Diese kleinen Raststätten im Northern Territory sind sehr gut, denn man kann dort über Nacht umsonst campen und es gibt meistens Toiletten und einen Wassertank. Obwohl auf den Tanks steht, dass das Wasser evtl nicht trinkbar ist, schmeckt, riecht und sieht es gut aus, und im Zweifel filtern wir es.
Der nächste Ort war Mataranka (425 Einwohner), 112km von Katherine entfernt, und wir wollten es am Abend bis dahin schaffen. Der direkte Gegenwind war ziemlich stark, aber wir waren noch frisch von unseren Ruhetagen in Katherine.
Das Terrain war hügelig und die Landschaft schön. Wir lieben die starken Farben im Outback mit der klassisch roten eisenhaltigen Erde und dem tiefblauen Himmel. Meterhohes sonnengebleichtes Gras umringt die Eukalyptusbäume mit ihren verdrehten Zweigen, und überall ragen Termitenhügel heraus. Jeder Termitenhügel ist anders, manche sind nur 30cm hoch und andere reichen bis über 2 Meter in die Höhe.
Am späten Nachmittag rollten wir in Mataranka ein, ziemlich müde aber stolz, dass wir es geschafft hatten. Mataranka ist berühmt für seine natürlichen heißen Quellen, genau das, was wir nach einem langen Tag auf den Fahrräder brauchten. Wir fuhren direkt zu den Quellen, durch eine sumpfige Gegend, wo Wasser auf beiden Seiten neben der Straße hochsprudelte und dampfte. Die Quellen waren naturbelassen mit nur einem Pfad und einer hölzernen Plattform, um sie einfach zu erreichen.
Das Wasser war nicht allzu heiß, ein bisschen wärmer als Körpertemperatur. Wir verbrachten hier eine entspannende Stunde, die unseren Muskeln gut tat.
Auf einem Campingplatz in der Nähe gingen wir früh zu Bett. Wir finden die Ausstattung der Campingplätze in Australien sehr gut. Oft gibt es eine Küche, so dass wir nicht mal unseren Kocher herausholen müssen, und manchmal gibt es sogar einen Wasserkocher, Toaster und Kühlschrank. Die Duschen sind immer schön heiß und es gibt Waschmaschinen und Wäscheleinen. Die Campingplätze sind allerdings etwas teurer als die in Europa (ca $10 pro Person).
Manchmal ist es schwierig, früh loszukommen, da die Australier sich so gerne unterhalten. Die anderen Campingplatzbesucher sind meist in ihren 60gern und machen oft eine lange Wohnwagentour durch Australien. Diese “Grauen Nomaden” kommen gerne zu uns und stellen uns alle üblichen Fragen – oft ist das gut, da wir von ihnen einiges über unsere Route erfahren können, aber manchmal werden wir der Aufmerksamkeit ein wenig müde.
Außer den Grauen Nomaden gibt es auch ein paar jüngere Leute hier, die meisten fahren zum Fischen ins Northern Territory. Fast alle Leute fahren in Richtung Darwin. Da wir pro Tag ca 50-100 Wohnwagen sehen, die in Richtung Norden fahren, fragen wir uns wirklich, wo die alle abbleiben, wenn sie Darwin erstmal erreichen. Es gibt nur wenig Verkehr in Richtung des kalten Südens, was gut für uns ist, da es für uns entspannter ist, wenn uns nicht so viele Autos überholen.
Am Morgen mussten wir noch einige Dinge erledigen, da wir nun wohl für die nächste Woche keinen Handyempfang haben würden. Als wir endlich losfuhren, war es schon fast mittags und wir hatten noch 80km vor uns. Natürlich hätten wir einfach wild zelten können, aber wir waren noch nicht bereit, die zusätzlichen 4-5l Wasser zu tragen, die wir dafür brauchen würden, da wir uns noch nicht an das Gewicht der Fahrräder gewöhnt hatten.
Unsere Körper fühlten sich allerdings sehr gut an. Die heißen Quellen schienen uns erstmal von unseren Schmerzen befreit zu haben. Dafür bekam Frederike allerdings einen komischen Ausschlag an ihren Armen und Beinen, vielleicht vom Sulphur im Wasser.
Seitdem wir in Darwin gelandet sind, gibt es fast keinen Moment, in dem wir keine Vögel hören. Das Northern Territory ist ein Paradies für Vogelliebhaber, und mit dem Fahrrad haben wir viel mehr Gelegenheit, sie zu sehen, als in einem Auto. Leider wissen wir aber nicht viel über Vögel und können nur wenige identifizieren. Reiher genossen die überfließenden Teiche, Keilschwanzadler kreisten über uns, es gab kreischende Kakadus und weiß-rosa Galahs. Als wir durch den Wald fuhren, bewegte sich plötzlich ein Baumstamm und wir sahen, dass es ein riesiger Aasgeier war, der durch den Wald flog, als wir näherkamen. Seine Flügelweite war fast 2 Meter und er hielt bei einem toten Känguruh am Straßenrand an, bereit zum Futtern.
Leider gibt es am Stuart Highway viele tote Känguruhs. Manche sind gerade erst überfahren worden, andere bestehen nur noch aus einem kleinen Häufchen gebleichter Knochen, von den Aasgeiern penibel gesäubert. Oft hüpfen sie vor Autos oder Laster, vor allem nachts. Daher haben die meisten Autos hier “Roo Bars” – einen Metallvorbau, der das Auto vor Beschädigung bewahrt, wenn es ein Känguruh anfährt. Das schlimmste sind allerdings die toten Kühe die wir manchmal sehen und die von Road Trains überfahren wurden, die nicht anhalten oder ausweichen konnten.
Heute war unser Jubiläum, da wir genau vor einem Jahr auf unsere Reise aufgebrochen waren. Da wir beide gerne Scones mögen, hatten wir uns darauf gefreut, Fran’s Devonshire Tea House in Larrimah zu besuchen. Durch alle unsere zusätzlichen Aktivitäten am Morgen kamen wir allerdings zu spät an: Das Tea House war bereits geschlossen. Die Feier würde noch ein wenig warten müssen.
Larrimah (20 Einwohner) war ein wichtiger Stützpunkt im 2. Weltkrieg mit 6500 Soldaten, die im Ort und am nahegelegenen Flugplatz stationiert waren. Heutzutage ist allerdings nicht viel vom Ort übrig, abgesehen von Fran’s und dem Pink Panther Roadhouse und Campingplatz, der von einer Statue eines rosa Panthers geziert wurde. Die Leute, denen das Roadhouse gehörte, waren freundlich, sahen aber aus, als ob sie bereits seit 120 Jahren hinter der Bar standen. Die Hauptattraktion war unserer Meinung nach der kleine Zoo hinter dem Roadhouse, in dem es viele einheimische Vögel und ein freundliches Streichel-Wallaby gab. Dort wohnten auch drei lustige Emus, die sich stundenlang damit unterhielten, ihre Köpfe in ein offenes Motel-Fenster zu stecken und an einer Gardinenschnur zu ziehen.
Auf dem Stuart Highway gibt es viel Mundpropaganda und oft haben Leute schon von uns gehört, bevor wir sie treffen. Einige Graue Nomaden hatten uns von zwei Radfahrern erzählt, die uns entgegenkommen würden. Sie waren aus Argentinien und hatten ein ultra-niedriges Budget. Die beiden waren abenteuerlustig und sehr entspannt. Sie hatten eine Gitarre, ein Didgeridoo und Trommeln dabei, da sie oft in Städten Musik machten, um ihre Reise zu finanzieren. Einer fuhr barfuß Fahrrad und hatte ein paar Rucksäcke vom Fahrrad hängen anstelle der Satteltaschen. Sie hatten kein Zelt, was bei den nächtlichen Minustemperaturen im Süden sehr ungemütlich gewesen sein muss. Es war ziemlich inspirierend, mit ihnen zu reden und zu sehen, wie wenig man für eine Radtour braucht. Dabei wurde uns auch klar, wieviel Luxus wir im Vergleich zu ihnen hatten.
Ein wenig später trafen wir noch einen Radfahrer aus Taiwan. Er war auf einem Klapprad mit kleinen Rädern unterwegs, so dass er nur halb so schnell wie wir fahren konnte und daher doppelt soviel Wasser dabeihaben musste. Aber Stück für Stück war er von Melbourne aus hier hochgefahren; ein weiteres inspirierendes Treffen.
Jeden Tag fing der Wind nun früher an zu wehen. Am frühen Morgen konnten wir ihn schon am Zelt rütteln hören. Während anfangs vor 9 Uhr nie viel Wind war, find er jetzt schon um 4 Uhr an, so dass wir keine windstillen Kilometer am Morgen mehr hatten. Oft schafften wir nur 10km/h auf einer flachen Straße, wobei wir uns alle 2km abwechselten, so dass einer sich etwas ausruhen konnte, währen der andere direkt in den Gegenwind fuhr.
Es war erst der 3. Tag von unserer 8-tägigen Fahrt nach Tennant Creek und wir waren bereits ziemlich erschöpft. Es würde eine lange Fahrt werden.