Eine ziemlich nasse “Trockenzeit”
Chumphon – Krabi
An unserem ersten Tag ohne Nick fuhren wir von Saphli Beach nach Arunothai. Als wir da so an einem Fluß entlang aus einem Fischerdorf fuhren, merkten wir dass sich die Luft recht feucht anfühlte und die Wolken am Horizont etwas bedrohlicher aussahen. Da wussten wir allerdings noch nicht, was Mutter Natur für die folgenden Wochen geplant hatte.
Ohne Nick war die Kommunikation etwas schwieriger, und obwohl wir die Worte für “gebratenen Reis mit Hühnchen” inzwischen kannten, erhielten wir stattdessen oft einen Teller mit allem möglichen außer Hühnchen – Garnelen, Tintenfische, Schwein, Kuhzungen oder Leber… Mit ein bisschen Chilli-Soße und Vorstellungskraft schmeckte es aber dann sowieso alles wie Hühnchen. Generell war das thailändische Essen viel einfacher als wir erwartet hatten. Im ländlichen Thailand gibt es kein Grünes Curry, Pad Thai oder klebrigen Reis mit Mango. Stattdessen aßen wir zu jeder Mahlzeit gebratenen Reis, gebratene Nudeln oder Suppe von kleinen Ständen ohne Menü.
Arunothai war ein kleiner Strandort, der sich wohl an Wochenenden mit Lokaltouristen füllte. Da wir aber während der Woche da waren, war es sehr ruhig und wir waren die einzigen Gästen in unserem Bungalow-Resort. Wir legten dort einen Ruhetag ein, bevor wir hinüber an die Westküste und nach Krabi fuhren. Es war sehr entspannend. Guy putzte unsere Fahrräder und machte einen Ölwechsel für die Rohloff-Naben während Frederike an unserem Blog arbeitete.
Inzwischen hatten wir uns angewöhnt, von einem Strand zum nächsten zu fahren, und so waren wir am nächsten Abend in einem weiteren Strandbungalow. Wieder waren wir die einzigen Gäste. Kurz nach unserer Ankunft gab es einen Wolkenbruch. Wir glaubten erst, dass es nur ein kurzes Schauer wäre, aber am nächsten Morgen regnete es immer noch stark.
Es gibt nur eine Sache, die das Radfahren in starkem Regen noch verschlimmert: Bauarbeiten. Wir fuhren durch mehrere Gegenden mit Bauarbeiten, wo die rote Erde zu klebrigem Schlamm geworden war. Dazu waren wir noch nichtmal sicher, wohin wir eigentlich fahren sollten, da wir schon länger keinen Internetzugang mehr gehabt hatten, um unsere Route zu planen. Unsere Landkarte war nicht detailliert genug, aber mit Hilfe einiger Thailänder wurde uns klar, dass wir 10km in die falsche Richtung fahren mussten, um ein Hotel zu finden.
Am nächsten Morgen goss es immer noch, aber wir fühlten uns gut und wir fuhren los, um Thailand zu durchqueren und an die Westküste zu gelangen. Das Radfahren fanden wir heute leicht und folgten einer guten, aber ruhigen Straße in Richtung Westen. Nach 90km übernachteten wir in einem kleinen Bungalow-Resort. Wie viele Thailänder war auch die junge Frau, die das Resort führte, sehr schüchtern – vor allem uns Ausländern gegenüber. Obwohl alle uns zuwinken und Hallo rufen, wenn wir vorbeifahren, werden die Thailänder generell sehr schüchtern, wenn wir anhalten um nach dem Weg zu fragen oder Essen zu bestellen. Manchmal leeren sich die Läden mysteriöserweise bei unserer Ankunft, so dass niemand sich der anstrengenden Kommunikation mit uns aussetzen muss.
Als es weiter durch endlose Gummi- und Palmöl-Plantagen ging, hatten wir richtig Probleme, in einen Rhythmus zu kommen. Eigentlich hatten wir einen relativ kurzen Tag von nur 75km vor uns, so dass wir hofften, am frühen Nachmittag anzukommen und uns auszuruhen. Leider fehlte uns aber komplett der Rhythmus und die Disziplin. Alle paar Kilometer hielten wir an, um eine Klopause einzulegen, unsere Regenjacken anzuziehen, unsere Regenjacken auszuziehen, etwas zu essen, etwas zu trinken, eine Foto zu machen oder diese komischen gebratenen Dinger zu probieren, usw.
Mittags sahen wir zwei kleine Hunde am Straßenrand. Sie waren ca ein Jahr als und sehr dünn und kränklich. Wir nahmen an, dass sie ihre Mutter verloren hatten, und so gaben wir ihnen etwas Bananenkuchen, um sie zu stärken. Unsicher, was wir als nächstes machen sollten, riefen wir Aom an und fragten, ob es einen Tierschutzverein in Thailand gab, aber das war nicht der Fall. Dann dachten wir, wir könnten vielleicht im nächsten Ort einen Tierarzt finden. Leider war die Sprachbarriere aber undurchdringlich. Wir zeigten unzähligen Leuten Bilder von Ärzten und Tieren in unserem Point It Buch, versuchten erfolglos das thailändische Wort für “Tierarzt” auszusprechen und schafften es nicht mal, unsere Suche jemandem zu erklären, der etwas Englisch sprach. Niemand verstand uns, aber ein Mann schlug vor, dass wir zur Polizeistation gehen könnten, wo sie Englisch sprechen. So stapften wir dann durch den Regen um die Polizeistation zu finden, aber das war ebenso unmöglich. Ein Mann rannte sogar weg, als wir auf das Bild eines Polizisten in unserem Büchlein zeigten! Nach einer frustrierenden Stunde gaben wir auf. Die Hündchen taten uns zwar sehr leid, aber wir waren einfach nicht in der Lage, ihnen zu helfen.
Der Tag wurde nicht viel besser. Kurz danach fiel Guy das erste Mal auf unserer Reise von seinem Rad (Frederike hatte schon einen Fall in Ungarn gehabt, unter sehr ähnlichen Umständen). Wir fuhren auf einer kleinen Teerstraße mit einem engen Seitenstreifen, der etwas tiefer als die Straße lag. Da es so nass war, war die Straße ziemlich schlüpfrig, und als Guy wieder auf die Straße fahren wollte, rutschte sein Fahrrad unter ihm weg. Zum Glück bremste das Fahrrad seinen Fall, so dass Guy keine ernsteren Verletzungen davonzog – nur einen verletzten Stolz, da diese unterhaltsame Episode direkt neben einem Obststand stattfand.
Obwohl es stark regnete, war die Landschaft sehr schön, mit schroffen Kalkfelsen, die überall um uns herum aus dem Dschungel hochschossen. Die Wolken und der Nebel aus dem Tal gaben der Landschaft ein mystisches Aussehen.
Wir kamen in Ao Nang (Krabi) in einem regelrechten Wolkenbruch an. Touristen liefen mit Regenschirmen herum und sahen sehr verärgert aus, da ihre Woche Urlaub ins Wasser gefallen war. Wir hatten ein paar Bungalows und einen ruhigen Strand erwartet, ähnlich der anderen Strände, die wir auf dem Weg von Bangkok besucht hatten. Stattdessen kamen wir in einem Städtchen an, dass voller Touristen und der dazugehörigen Einrichtungen wie Burger King und Starbucks war.
Wir fanden ein recht günstiges Hotel und beschlossen, dass unsere armen Muskeln nach 10 Monaten Radfahren eine schöne entspannende Massage verdienten. Die kleinen thailändischen Frauen mögen zwar harmlos aussehen, sind aber stark wie 10 Wasserbüffel! In der nächsten Stunde behandelten sie uns wie zwei Fimo-Klumpen, als sie unsere Körper drückten und zogen und drehten und in alle möglichen Positionen bogen. Manchmal war es ganz entspannend und wir schliefen fast ein, aber Momente später saßen sie schon wieder auf unseren Rücken und schleuderten unsere Beine hoch, als ob wir einen todesmutigen Doppelakt des Cirque Du Soleil durchführten.
Die Gegend um Krabi ist berühmt für ihre wunderschönen Strände und Inseln, so wie Ko Phi Phi, Ko Lanta und Railay Beach. Wir hatten uns eigenlich darauf gefreut, die Inseln in der Nähe zu besuchen, aber das sollte wohl nicht sein. Die ganzen vier Tage, die wir da waren, regnete es ohne Unterlass. Sogar um etwas um die Ecke von unserem Hotel zu essen, wurden wir total durchnässt (wir hatten uns gegen den Kauf eines Regenschirms entschieden, da es eine “extravagante” Ausgabe wäre!). Die Einheimischen erzählten uns, dass dies in der Trockenzeit total ungewöhlich wäre und nie zuvor passiert war.
Die volle Auswirkung des Regens wurde uns erst später klar, denn der Regen verursachte schwere Überflutungen im Süden von Thailand, wobei 53 Leute ums Leben kamen – einige davon in einem Erdrutsch in Krabi nicht weit von uns entfernt. Als wir nach drei Tagen weiterfahren wollten, schüttelte der Hotelmanager den Kopf und informierte uns, dass die Straße aus Krabi wegen der Fluten nicht befahrbar wäre, so dass wir einen weiteren Tag dableiben mussten.
Wir hofften, dass der Regen heute aufhören würde, denn am nächsten Tag würden wir keine Wahl haben. Ob per Fahrrad oder schwimmend, die Uhr tickte, da wir nur noch zwei Wochen Zeit vor unserem Flug aus dem über 1000km entfernten Kuala Lumpur hatten!