Ein Unterhaltsamer Abend
Barrow Creek – Alice Springs
Wir hatten vor, im Barrow Creek Roadhouse unsere Wasserflaschen aufzufüllen und dann wild zu zelten, aber der freundliche Besitzer versprach, uns seine Sammlung von deutschen Fussballstickern in der Bar zu zeigen, wenn wir dablieben. Der Zeltplatz war billig aber sehr einfach.
1872 wurde eine Telegrafenstelle in Barrow Creek eröffnet. Leider wurden aber zwei Jahre später der Telegrafenmeister und ein Streckenwärter von feindlichen Aboriginals erstochen. Als Rache befahl die Regierung, 50 Aboriginals zu erschießen. Daher kommt auch der Name eines Baches in der Nähe: Skull Creek (Totenschädel-Bach).
In den 1930ern begannen wandernde Schafsscherer die Tradition, einen Geldschein mit ihrem Namen drauf an die Wände des Pubs zu heften, so dass sie dort etwas trinken konnten, wenn sie später wieder vorbeikamen. Manche ließen auch ihre Hüte und sogar Pferdesättel da. Diese sind immer noch im Pub ausgestellt, zusammen mit einer riesigen Sammlung von anderen Memorabilien, die von Touristen dagelassen wurden.
Das Wasser aus dem Wasserhahn schmeckte ziemlich eklig, ähnlich wie das Wasser in Wycliffe Wells am Vortag. Andere Radfahrer hatten uns vor dem komischen salzigen Geschmack des Grundwassers in der Gegend gewarnt.
“Ich würde das Grundwasser zwischen Wycliffe Wells und Coober Pedy nicht trinken,” sagte uns ein Bergarbeiter. “Es ist voller Uranium und Salz.”
Wir vertrauten seiner Meinung, da seine Firma in der Gegend Gold und Uranium abbauen wollte. Seine Gruppe von Bergarbeitern übernachtete in Barrow Creek, während sie das Potential für Minen in der Gegend erkundeten. Sie hatten einen Geigerzähler und hatten in Barrow Creek das dreißigfache der normalen Strahlung gemessen. Wir gaben also nach und kauften stattdessen Wasser von der Bar – $10 für 10 Liter. (Später beschlossen wir, nach Geschmack zu gehen und nur Wasser zu kaufen, wenn das Leitungswasser wirklich untrinkbar war.)
Die einzigen anderen Leute auf dem Campingplatz waren zwei Paare von der Murray River Gegend in Victoria, die auf dem Weg zum Roper Fluss waren, um dort Barramundi zu fischen. Einer der Männer stellte sich uns vor, indem er uns vier frische Orangen schenkte, ein sehr geschätztes Geschenk, insbesondere da sie von seinem eigenen Hof kamen.
Die beiden Brüder waren richtig typische traditionelle Australier mit ihren Lederhüten, superkurzen Jeansshorts und Kuhleder Bluntstone-Stiefeln (“mit Stahlkappen, um Sachen zu treten"!”). Sie waren recht interressiert an unserer Fahrt und luden uns an ihr Feuer ein. Wir bekamen auch noch eine Tüte selbstgemachtes Studentenfutter geschenkt, mit getrockneten Aprikosen und Mandeln vom Garten des Nachbarn.
Als wir ums Feuer saßen, gab es viel männliche Angeberei und Guy fühlte sich etwas minderwertig als er gefragt wurde, was sein Handwerk war. Sein Städterjob in Informatik war weit von der Wildschwein-schießenden-Kühe-schlachtenden Arbeit dieser Outback-Männer entfernt. Es half auch nicht, dass sie ganz selbstverständlich annahmen, dass wir eine Waffe dabeihatten (genau wie sie schließlich auch Pistolen under ihren Autositzen hatten) und Guy gefragt wurde: “Und, was für eine Klinge hast Du dabei?” Ähm, ein Schweizer Gemüsemesser…
Obwohl wir aus verschiedenen Welten kamen, hatten wir viel Spaß zusammen und versprachen, uns bei ihnen zu melden, falls wir mal in die Murray River Gegend kämen.
Zurück auf dem Stuart Highway kamen wir an Central Mount Stuart vorbei. John MacDouall Stuart hatte errechnet, dass dies das Zentrum Australiens wäre, da es gleich weit vom nördlichsten, südlichsten, östlichsten und westlichsten Punkt der Landmasse entfernt war. Am Nachmittag fühlten wir uns plötzlich sehr müde und waren froh, als wir nach 90km beim Ti Tree Roadhouse ankamen.
Der Campingplatz war schön und recht günstig, mit weichem Gras und einigen Tieren. Pfaue wanderten frei herum und rosagraue Galahs kreischten, als sie von Baum zu Baum flogen. Diesmal hatten wir genug zu essen dabei, und so beschlossen wir, einen Tag freizunehmen und etwas an unserem Blog zu schreiben.
Viele Leute hatten uns for einer Mäuse- und Rattenplage gewarnt, die Camper südlich von Alice Springs terrorisierte. Angeblich ist der Boden nachts komplett von ihnen bedeckt. Ein Radfahrer hatte uns erzählt, dass eine Maus ein Loch in sein Zelt gefressen hatte. Wir hatten bisher noch keine Mäuse gesehen, aber an diesem Morgen entdeckten wir Mäusekötel im Zelt und eine Maus hatte sich in unsere Satteltasche gequetscht, um an unserem Brot und Mehl zu knabbern.
Erfrischt schafften wir am nächsten Tag über 100km recht einfach. Wir fanden einen schönen wilden Zeltplatz. Normalerweise machen wir jetzt immer ein Feuer, wenn wir wild zelten. Es ist sowieso weit und breit niemand da, und nachts ist es so kalt, dass wir ohne ein wärmendes Feuer schon um 19 Uhr im Bett wären. Wir experimentierten auch damit, Damper zu backen. Damper ist ein traditionelles Outback-Brot, das im Feuer gebacken wird. Wir hatten schon verschiedene Versionen mit Rosinen und Schokolade ausprobiert, und heute machten wir einen richtig leckeren Laib Damper mit Kürbisfleisch und Rosinen.
Unerwarteterweise begann es am nächsten Morgen zu regnen. Den ganzen Tag nieselte und regnete es, und uns war ziemlich kalt, da es nur 11°C waren. Als wir die Raststätte am südlichen Wendekreis erreichten, beschlossen wir ein paar Tassen Tee zu kochen und zu warten, bis das Schlimmste vorbei war. Nach zwei Stunden regnete es immer noch. Da wir aber Alice Springs erreichen wollten, mussten wir trotzdem weiterfahren.
Seitdem wir Darwin verlassen hatten, ging es ständig langsam bergauf. Kurz vor Alice Springs erreichten wir aber endlich den höchsten Punkt des Stuart Highways, auf 728m.
Wir hatten gehört, dass der Finke Desert Race, ein Gelände-Motorradrennen, in ein paar Tagen stattfinden sollte, hatten aber nicht erwartet, dass daher die Campingplätze ausgebucht waren. Nachdem wir im strömenden Regen bei zwei Campingplätzen in Alice Springs nachgefragt hatten, fanden wir endlich einen, der etwas außerhalb lag. Kalt und durchnässt waren wir trotzdem froh, endlich im Zentrum Australiens angelangt zu sein.