Ein Guter Tropfen
Port Augusta – Adelaide
Nach einem Ruhetag in Port Augusta waren wir schon wieder auf dem Weg, da wir sobald wie möglich Adelaide erreichen wollten. Dort warteten unsere Freunde Paul und Jenny auf uns, und Guy’s Schwester Justine wollte auch von Melbourne aus eine Stippvisite machen.
Ein 500m Anstieg brachte uns in die südlichen Flinders Ranges, die größte Bergkette in Südaustralien. Nachdem wir soviel Zeit im flachen Zentrum Australiens verbracht hatten, fühlte es sich komisch an, von Hügeln umgeben zu sein.
Am Nachmittag kamen wir in einem Tal an, das fast wie eine englische Landschaft anmutete, und erreichten bald unser Ziel für den Tag, den historischen Ort Melrose. Als sie 1848 öffnete, war die Polizeistation hier für das größte Polizeirevier der Welt verantwortlich, das sich ganz bis zur Timorsee erstreckte. Dieses riesige Revier wurde von nur einem Wachmeister, zwei Kavalleristen und einem Aboriginal Fährtensucher betreut.
Da wir nun regelmäßig durch Dörfer und an Läden und Cafes vorbeikamen, genossen wir den einfachen Zugang zu Essen und gutem Trinkwasser. Die meisten Orte hatten einen Campingplatz, und diese waren sehr gut und hatten meist eine Küche.
Unsere tägliche Distanz verringerte sich, je mehr Cafes und Bäckereien es auf dem Weg gab, was uns fast an unsere Fahrt entlang der Donau erinnerte.
Als wir durch ein kleines Dorf kamen, bemerkten wir ein vollbeladenes Tourenrad, das auf dem Fußweg geparkt war und an dem ein “Zu Verkaufen” Schild hing. Gerade als wir überlegten, was wohl mit dem Besitzer geschehen war, öffnete sich eine Tür und ein freundlicher Mann namens Rick begrüßte uns und erklärte, dass Beinschmerzen ihn vom Radfahren abhielten. Sofort lud er uns auf eine Tasse Tee ein und wir akzeptierten das Angebot und schoben unsere Fahrräder in sein Wohnzimmer.
Nur 7km weiter kamen wir an der Old Stone Hut Bakery vorbei, die recht berühmt für ihre Pies und ihren Kaffee ist. Natürlich konnten wir nicht widerstehen.
Wir campten in Gladstone und fuhren weiter nach Clare und in die Weinregionen nördlich von Adelaide. Das Clare Tal ist berühmt für seinen Riesling, der kühlere Temperaturen mag – gut für den Wein, schlecht für’s Zelten.
Wir freuten uns darauf, den Riesling Trail zu fahren, was ein Radweg zwischen Clare und Auburn ist. Die Fahrt war sehr schön, obwohl natürlich mitten im Winter die Weinberge ein wenig kahl aussahen. Die Verlängerung des Riesling Trails, der Rattler Trail, war leider nicht besonders gut erhalten und hatte wohl sehr unter dem Winterregen gelitten.
Überraschenderweise sahen wir auf 40km Radweg keinen einzigen anderen Radfahrer.
Nach einem langen Anstieg am Nachmittag kamen wir in ein grünes Tal und verbrachten die Nacht in Kapunda, wo es viel wärmer war als in Clare.
Nun kamen wir ins Barossa-Tal, wohl eine der besten Weinregionen der Welt, die 21% des australischen Weins produziert, vor allem fruchtige Rotweine. Mit unserem ungekämmten Aussehen beschlossen wir, uns die Weinproben für später aufzuheben.
Tanunda ist der größte Ort im Barossa-Tal. Hier zelteten wir zum 75. Mal in der Reihe, und hoffentlich auch zum letzten Mal bevor wir am nächsten Tag in einem richtigen Haus und einem richtigen Bett schlafen konnten.
Mit dem Gedanken an ein warmes Bett fuhren wir los. Wir hatten eine ruhige Route ausgewählt, abseits der Hauptstraße, hatten aber vergessen, uns das Höhenprofil anzusehen. Die Anstiege waren zwar nicht hoch, dafür aber sehr steil. Frederike schob sogar ihr Fahrrad, was seitdem wir Europa letztes Jahr verlassen hatten nicht mehr passiert war. Wir wollten nicht zu spät ankommen, da unsere Freunde auf uns warteten, und waren ziemlich erleichtert als wir endlich den Torrens-Fluss erreichten, der uns auf einem Radweg direkt ins Herz von Adelaide führte.
Das letzte Mal als wir Paul und Jenny gesehen hatten, arbeiteten wir noch in unseren Bürojobs in London. Sie waren etwas überrascht, wie schmuddelig wir jetzt aussahen und liehen uns sofort ein paar Klamotten, so dass wir während unserer Zeit in der Stadt etwas präsentabel aussehen konnten.
Wir hatten uns auf diesen Moment gefreut, seitdem wir Darwin verlassen hatten, und es war toll, unsere Freunde wiederzusehen (auch wenn sie darüber Witze machten, uns im Garten zelten zu lassen). Unser Timing war perfekt, da sie gerade fertig renoviert hatten. Die Fahrräder wurden in der Garage geparkt, uns wurde ein Schlafzimmer zugewiesen und wir wurden mit selbstgemachten Scones und Calzone sowie einem guten Tropfen Wein versorgt.
Eine Dusche in einem warmen Badezimmer, mit einem weichen Handtuch in Erwachsenengröße war ein Genuss, den wir schon lange vermisst hatten. Und das Bett! Oh das Bett. Ironischerweise konnten wir in der ersten Nacht überhaupt nicht schlafen, da das Bett so weich und gemütlich war. Zum Glück legte sich dies aber bald und wir schliefen wie Babies.