Ein Besuch beim SOS Kinderdorf in Kochi

Als Frederike klein war unterstützten ihre Eltern die SOS Kinderdörfer mit einer monatlichen Spende. Ab und zu erhielten wir Briefe mit Geschichten von verwaisten Kindern, die durch diese Organisation eine neue Familie gefunden hatten. Dieses einzigartige Konzept eines Kinderdorfs anstatt eines Waisenhauses blieb Frederike im Kopf und spielte eine Rolle als wir entschieden, welche wohltätige Organisation wir mit unserer sportlichen Herausforderung einer Fahrradfahrt von England nach Australien unterstützen wollten. 

SOS Kinderdörfer waren sehr hilfreich und gaben uns die Gelegenheit, während unserer Reise ein Kinderdorf zu besuchen. Die Organisation betreibt 500 Kinderdörfer in 124 Ländern, einschließlich mehrerer Dörfer in Indien.

Als wir im SOS Kinderdorf in der Nähe von Kochi ankamen, wurden wir von Vipin Das, dem Leiter des Kinderdorfs, begrüßt. Vipin nahm sich trotz seiner vieler Verpflichtungen Zeit für uns, um uns einiges über das Dorf zu erzählen und unsere vielen Fragen zu beantworten. Wie er sagte ist die Arbeit im Kinderdorf eher eine Art zu Leben, die ihn 100%ig vereinnahmt, und nicht nur ein Job. Vipin und seine Familie leben im Kinderdorf und sind auch an Wochenenden viel mit ihrer Arbeit beschäftigt. Vipin agiert als eine Art Vaterfigur und ist immer für die Kinder da, von Geburtstagen und Hochzeiten bis zu Problemen in der Schule.

Frederike mit Vipin Das   Haus im Kinderdorf

Das Kinderdorf in Kochi wurde vor 21 Jahren gegründet und beheimatet 15 “Familien”. Jede Familie has ihr eigenes Haus und teilt auch einen Nachnamen, um das Familienbündnis zu stärken. In jeder Familie gibt es eine “Mutter” und 8-12 Kinder verschiedenen Alters. Es gibt auch mehrere “Tanten”, die im Haushalt helfen, insbesondere wenn eine Mutter krank ist oder sich um Babies kümmern muss. Die meisten Kinder sind Waisen, und einige kommen aus zerbrochenen Familien. Bei ihrer Ankunft werden sie Teil einer Familie. Sogar wenn sie einmal das Dorf verlassen haben, können sie immer zurückkommen und ihre Familie besuchen.

Die meisten Mütter sind unverheiratet oder verwitwet und arbeiten hier schon seitdem das Dorf vor 21 Jahren gegründet wurde. Sie widmen ihr Leben den Kindern. Leider ist es aber heutzutage schwerer für die Organisation, neue Mütter zu finden, die sich so einer anstrengenden und langfristigen Arbeit widmen möchten, da es lukrativere Angebote in Privatkliniken gibt und sich auch die Werte der Gesellschaft geändert haben.

Bedürftige Kinder werden entweder von anderen Leuten in der Umgebung an das Kinderdorf verwiesen, oder die Organisation sucht proaktiv Kinder, wenn es einen freien Platz gibt. Für jedes Kind wird ein formales Gutachten erstellt, um sicherzustellen, dass das Kind wirklich bedürftig ist. Insgesamt beheimatet das Kinderdorf in Kochi fast 200 Kinder.

Kleine Waise mit ihrer neuen Mutter und Tante

Eine Sache, die uns wirklich gefiel, ist dass die SOS Kinderdörfer den Hintergrund und die Religion der Kinder respektieren. Es gibt christliche, hinduistische und muslimische Familien im Kinderdorf, und die Kinder werden je nach ihrer eigenen Religion in einer passenden Familie untergebracht. Je nachdem besuchen sie dann eine Kirche, einen Tempel oder eine Moschee im nahegelegenen Dorf. Sie gehen auch im Dorf zur Schule, so dass sie die Möglichkeit haben, sich mit anderen Kindern außerhalb des Kinderdorfes anzufreunden.

Jungen verlassen das Dorf im Alter von 13 Jahren, um in einer benachbarten Gemeinschaft zu leben, die auch Teil der gleichen Organisation ist. Der Grund dafür ist, dass sie in diesem Alter mehr männliche Vorbilder brauchen, so dass sie dann mit anderen Männern und Jungen zusammenleben. Mädchen bleiben bis zum Alter von 15 Jahren im Kinderdorf, und dann gehen sie in ein Internat. Die Kinder haben aber dennoch Zugang zu ihrer Familie, egal in welchem Alter, und kommen oft zu Besuch.

Das Ziel der Organisation ist, den Kinder zu helfen, aufzuwachsen und unabhängig zu werden. Dazu bezahlen sie auch die Bildung der Kinder, einschließlich der Kosten für eine Universität. In echter indischer Art nehmen sie ihre elterlichen Pflichten so ernst, dass sie auch für viele der jungen Leute Ehen arrangieren. Für Hochzeiten werden ein paar Hundert Euro bereitgestellt – genug für eine kleine, bescheidene Hochzeitsfeier. In den letzten sechs Jahren gab es im Kinderdorf 64 Hochzeiten, und so haben viele der Waisen eine neue Familie gefunden und können unabhängig leben.

Nachdem wir uns eine Weile mit Vipin unterhalten hatten, wurden wir an Daisy weitergereicht, die für Sponsoren zuständig ist und schon seit 21 Jahren im Kinderdorf arbeitet. Sie nahm uns mit, um einige der Familien zu besuchen. Wir hatten ein paar Spiele und Malbücher mitgebracht, so dass wir kleine Geschenke für die Familien hatten.

Albi mit seiner neuen Mutter   Albi kaut an der Türschwelle

In den Häusern wurde uns klar, wie anstrengend die Arbeit für die Mütter ist, da sie sich um so viele Kinder kümmern, alle Mahlzeiten kochen, putzen usw. Die erste Mutter, die wir besuchten, hatte alle Hände voll zu tun, da sie sich um zwei supersüße sechs Monate alte Zwillinge kümmerte. Albi Joseph und Irene Rose kamen bereits im zarten Alter von 2 Tagen ins Kinderdorf, da ihre Mutter bei der Geburt starb und ihr Vater sehr arm war, so dass er sich nicht um sie kümmern konnte. Er kann die Kinder aber dennoch besuchen, und den Kindern wird ihr Hintergrund erzählt wenn sie 9 oder 10 Jahre alt sind und anfangen, Fragen zu stellen. In den meisten Fällen werden sie das SOS Kinderdorf als ihre Familie betrachten. 

In der gleichen Familie trafen wir auch eine junge Frau, die gerade ihren MBA gemacht und einen Job bekommen hatte. Als Waise war sie selbst im Kinderdorf aufgewachsen und war gerade zu Besuch bei ihrer Familie.

Guy mit Irene  Irene entdeckt unseren Rucksack

Das Kinderdorf besteht aus 15 Häusern und einigen Gemeinschaftsräumen, die von einem Garten umgeben sind. Die Häuser haben jeweils drei Schlafzimmer – eins für Mädchen, eins für Jungen, und eins für die Mutter und Kleinkinder. Die Häuser sind sehr einfach eingerichtet und die meisten Kinder scheinen nicht viele Besitztümer zu haben. Jedes Haus hat einen kleinen Garten und es gibt auch einen Spiel- und Sportplatz im Dorf. Wir fanden, dass das Dorf sehr gut betrieben wurde, mit einer sauberen und angenehmen Umgebung für die Kinder, so dass ihre Bedürfnisse gedeckt waren, ohne aber Geld für unnötigen Luxus auszugeben.

Wie Vipin uns erzählte sind die durchschnittlichen Kosten pro Kind in jedem Kinderdorf unterschiedlich, aber in Kochi sind es ca 7000 Rupien pro Kind, pro Monat (ungefähr €115). Das schließt die Kosten für Bildung und kleine Hochzeiten für die älteren Kinder ein, sowie die administrativen Kosten. Durch die weltweite Rezession und daher weniger Spenden mussten allerdings Budgets gekürzt und Einsparungen gemacht werden.

Wenn Ihr eine Spende an die SOS Kinderdörfer machen möchtet, bitte hier klicken, um uns zu sponsern. Ihr könnt mit einer Kreditkarte spenden, und alle Gelder gehen direkt an die SOS Kinderdörfer. (Die Spendenseite ist auf Englisch, und ein englisches Pfund £ ist momentan €1,18 wert.) Dank einiger großzügiger Sponsoren haben wir bereits €600 an Spenden zusammenbekommen – bitte unterstützt uns, um dazu beizutragen, Kindern wie dem kleinen Albi und seiner Schwester Irene eine positive Zukunft zu ermöglichen. Jedes bisschen hilft!

Zwillinge Albi und Irene