Durch das Tigerreservat
Gundlupet – Ooty – Mettupalayam
Kurz nachdem wir Gundlupet verlassen hatten, bogen wir von der Hauptstraße ab und ließen die Pilger in ihren zu schnellen Jeeps und die lauten alten Busse hinter uns. Durch die neugefundene Stille nahmen wir unsere Umgebung nun genauer wahr. Affen schwangen sich von Baum zu Baum, und ein leichter Nebel stieg von den grünen Feldern auf. Als wir durch kleine Dörfer kamen, konnten wir zusehen, wie die Dorfbewohner ihre allmorgendlichen Aufgaben erledigten. Frauen in bunten Saris balancierten Wasserkrüge auf ihren Köpfen, und Männer pflügten mit ihren Ochsen die dunkelrote Erde. Ein Junge auf dem Weg zur Schule fuhr eine Weile neben uns her, und zusammen erklommen wir einen Hügel: Wir mit unseren voll beladenen Tourenrädern, und er mit seinem alten Eingangrad und einem 10 Liter Krug Milch auf seinem Gepäckträger, den er vom Haus seiner Eltern zur Dorf-Molkerei brachte.
Unsere Beine arbeiteten schwer als die Straße bergauf ging; wir waren nun im Nilgiri Reservat. Dies war früher der private Park des Maharajas gewesen und umfasst mehrere Nationalparks und Reservate. Unter anderem leben im Nilgiri Reservat Elefanten, Rehe, Bisons, Mungos, Lemure und einige große Dschungelkatzen: Panther, Leoparden und Tiger. Die rote Erde ist under dichter Vegetation versteckt. Eine Landstraße führt mitten durch das Reservat, welches ansonsten nicht von Privatfahrzeugen betreten werden darf.
Der erste Nationalpark auf unserem Weg war Bandipur Nationalpark, der bekannt für seine wilden Elefanten ist. Rund 5000 Asiatische Elefanten leben hier – ein Fünftel aller asiatischer Elefanten in der Welt. Es gab nicht viel Verkehr und wir genossen die Fahrt durch den schönen Park und hielten Ausschau nach wilden Tieren.
Wir wussten, dass es auf dem Weg nach Ooty ein Tigerreservat gab und hatten uns vorgestellt, dass es schön abgezäunt sein würde – wenn auch nur für den Schutz der Tiger, die ansonsten auf der Straße überfahren werden könnten. Als wir allerdings den Bandipur Nationalpark verließen und am Mudumalai Tigerreservat ankamen, wurde uns doch etwas mulmig, als wir die Schilder sahen: “Sie betreten ein Tigerreservat. Nicht anhalten. Nicht aus dem Fahrzeug aussteigen.” Nicht aus dem Fahrzeug aussteigen! Ähm… okay. Vielleicht war dies nicht der beste Ort zum Fahrradfahren, und Zäune waren auf jeden Fall auch nicht zu sehen.
Als wir etwas zögerlich auf die Schranke zufuhren erwarteten wir fast, dass wir nicht durchgelassen werden würden. Der Wald-Aufseher winkte uns aber fröhlich durch und schien nicht besonders um unsere Sicherheit besorgt zu sein.
Als wir in den Park hineinfuhren beruhigten wir einander.
“Denk mal darüber nach. Tiger sieht man tagsüber nur selten.”
“Stimmt schon.”
“Es ist unwahrscheinlich, dass ein Tiger direkt an der Hauptstraße herumhängen würde.”
“Ja schon, aber…”
“Radfahrer schmecken nicht gut. Zu salzig.”
“Stimmt auch wieder.”
Für den Fall, dass wir doch einen Tiger sahen, hatten wir einen schlauen Plan: Die Fahrräder bergabwärts drehen und so schnell wir möglich hinunterfahren.
Realistischerweise waren agressive Elefanten allerdings wohl eher eine Gefahr für uns, und wir hörten einen im Wald trompeten, sahen ihn aber nicht. Wir sahen viele schüchterne gepunktete Rehe, die in die Büsche flitzten, und Affen und Lemure, die von Zweig zu Zweig sprangen oder am Straßenrand saßen und sich gegenseitig die Bäuche streichelten. Adler kreisten über uns, und ein Mungo watschelte ins Gebüsch.
Es war schön, auf dem Fahrrad zu sein, da wir die ganzen Geräusche im Wald hören konnten, was uns half, die Tiere zu entdecken. Es gab den indischen Touristen auch die Chance, ungewöhliche “Tierfotos” von zwei verrückten Radfahrern zu machen. Aus jedem Busfenster zeigten Kameras auf uns, und einmal hielt ein Safari-Führer sogar seinen Jeep an, so dass seine Passagiere Fotos von uns machen konnten.
Abgesehen von der Hauptstraße kann der Nationalpark nur durch Touren besucht werden, die von der Regierung betrieben werden und in einem klappernden Bus stattfinden – nicht gerade ideal, um Tiere zu sehen. Private Jeepsafaris und Wanderungen können nur in der Gegend außerhalb des Parks stattfinden. Da wir erwarteten, etwas tiefer in den Park zu kommen, buchten wir die Bustour, als wir im Zentrum des Reservats ankamen. Wir verschwendeten 45 Minuten in einem voll bepackten Bus mit laut redenden Touristen, der durch den Wald ratterte und alle Tiere vertrieb. Wir sahen nur noch mehr Affen, Rehe und einen Pfau. Wir hatten auf unseren Fahrrädern viel mehr Spaß gehabt, obwohl wir nicht so tief in den Wald fahren konnten.
Nachdem wir ein Hotel in einem nahegelegenen Dorf gefunden hatten, verbrachten wir am Nachmittag etwas Zeit damit, zuzusehen wie die Arbeitselefanten des Parks gefüttert wurden und ihre Stoßzähne und Zehen geputzt wurden. Die Füße der Elefanten waren zusammengekettet, so dass sie nur kleine Schritte gehen konnten. Es waren riesige Tiere, die sicher einiges Unheil anrichten konnten. Anscheinend war eine Frau letztes Jahr getötet worden, als sie außerhalb des Parks wanderte, da ihre Gruppe einen Elefanten provoziert hatte, indem sie Steine auf ihn warfen…
Auf dem Weg zurück ins Dorf in einem geteilten Jeep-Taxi sahen wir ein riesiges Tier durch den Wald stampfen. Erst dachten wir es wäre ein Elefant, aber dann waren wir überrascht, als wir ein großes Bison mit gekrümmten Hörnern sahen. Es gab hier wirklich überall wilde Tiere!
Leider fühlte Frederike sich am nächsten Morgen nicht wohl und bekam ein hohes Fieber und mal wieder Durchfall, zusätzlich zu einer Erkältung. Wir blieben also noch einen Tag, so dass sie sich erholen konnte, und zum Glück hatten wir eine gute Unterkunft mit Satellitenfernsehen. Wir sahen uns viele Tierdokumentarfilme an, inklusive einem über Leoparden und Tiger, die sich in kleinen Dörfern in der Nähe von Nationalparks in Indien herumtrieben…
Nachdem Frederike sich erholt hatte ging es weiter in Richtung Ooty. Wir mussten einen steilen Anstieg von 1350 Höhenmetern über nur 13km bewältigen. Es gab einen praktischen Countdown von Haarnadelkurven, 36 insgesamt. Da wir nicht sicher waren, wie Frederike das schaffen würde, da sie noch etwas schwach von ihrer Krankheit war, nach Gentleman Guy etwas von ihrem Gepäck und wir kämpften uns den Berg hinauf. Da die Straße so steil war, und mit so engen Kurven, konnten Busse und Laster sie nicht benutzen, und daher gab es nur wenig Verkehr.
Als wir schon recht hoch oben waren, sahen wir Teeplantagen und viele duftende Eukalyptusbäume, die uns an Australien erinnerten. Wir machten eine schöne Pause neben einer Teefabrik, wo alle möglichen Dinge produziert wurden, einschließlich verschiedener Teesorten, Eukalyptusöl und Gesichtscreme. Sie machten uns einen leckeren Schokoladentee – Kakaopulver, Teeblätter und Zucker, gemischt mit heißer Milch. Lecker!
Der Anstieg war so steil, dass wir das Tal, aus dem wir am Morgen gekommen waren, immer noch sehen konnten als wir schon ganz oben waren. Es war 1,3 Kilometer unter uns! Wir hatten bei 900 Höhenmetern angefangen, und waren nun in Ooty bei 2250m angekommen. Es war sehr kalt hier oben, nur 3°C in der Nacht.
Ooty war eine Bergstation der Briten, die Anfang des 19. Jahrhunderts als Sommerresidenz der Regierung etabliert wurde. Ooty umfasst eine recht große Gegend von Hügeln und Tälern. Das Stadtzentrum ist chaotisch, aber es gibt einen schönen See und einen botanischen Garten. Wir genossen unseren Spaziergang im botanischen Garten, aber als wir auf einer Bank saßen, kam eine ältere Frau mit grauen Locken und einem dreckigen orangen Sari auf uns zu. “Toda”, murmelte sie und zeigte auf sich selbst, und dann schien sie uns in ihr Dorf auf dem Berg einzuladen. Wir wussten, dass die Toda ein einheimischer Stamm waren, die einer einzigartigen Kultur und Spiritualität folgten, die sich um den Büffel drehte. Ihre Traditionen waren von der Ankunft der Briten teilweise zerstört worden, und einige der Todas waren offensichtlich inzwischen ziemlich entwurzelt. Die Frau murmelte etwas über Kaffeeplantagen und bat uns dann um Geld. Als wir ablehnten, spuckte sie vor unsere Füße und wendete sich zum Gehen. Es war traurig zu sehen, wie Mitglieder dieses alten Stammes darauf reduziert worden waren, von Touristen zu betteln. Danach machten wir vorsichtshalber einen Bogen um die Todas im Ort!
Eine Familie kam und fragte, ob sie ein Foto von uns machen konnten, zusammen mit einer der Frauen und ihrem Baby. Sobald sie gegangen waren, machte eine Gruppe junger Männer Fotos von uns, und danach kam ein schüchternes tibetisches Mädchen und machte auch ein Foto von uns. So ging es weiter, bis wir ungefähr 15 Fotositzungen hinter uns hatten und uns im hinteren Bereich des Parks versteckten! Wir sind daran gewöhnt, dass viele Leute von uns Fotos machen wollen, wenn wir auf unseren Fahrrädern unterwegs sind, aber normalerweise passiert es nicht oft wenn wir nur normale Touristen in einem touristischen Ort sind. Auch schienen die Leute von keinen anderen Touristen Fotos zu machen, und so waren wir etwas verwirrt. Wir drehten uns sogar um, um zu sehen, ob hinter unserer Bank vielleicht ein großes Schild einen lustigen Hintergrund darstellte, aber es war nichts zu sehen.
Unser Hotelzimmer hatte keine Heizung und war etwas schimmelig, so dass Frederike’s Erkältung wieder schlimmer wurde und wir am nächsten Tag weiterfuhren, nachdem wir verschiedene Schokoladenarten eingekauft hatten, für die Ooty bekannt ist.
Es war Zeit, die Früchte unserer harten Arbeit zu ernten und eine tolle Abfahrt zu genießen. Erst mussten wir aber noch etwas höher fahren, um über einen Pass aus dem Tal zu kommen. Auf 2300m Höhe wurde uns klar, dass wir über den Wolken waren. Auf einer kurvigen Straße ging es durch die Wolken in ein bewaldetes Tal, und wir verloren über die nächsten 40km 2000 Höhenmeter.
Mit heißen Felgen unten angekommen war die Temperatur wieder schön warm, und wir waren wieder in Kokosnussplantagen. Obwohl die Abfahrt nur für unsere Hände anstrengend gewesen war, die die Bremsen umkrampften, waren wir ziemlich müde. Vielleicht war es die Nachwirkung des Anstiegs nach Ooty und von Frederike’s Krankheit. Wir beschlossen, gleich in einem Hotel zu bleiben, und kurz darauf wurde klar, warum Guy so müde war: Ihm wurde schlecht und er musste sich übergeben. So blieben wir dann einen Tag in der Kleinstadt Mettupalayam.
Indien scheint nicht gut für unsere Gesundheit zu sein, denn meistens fühlt sich zumindest einer von uns unwohl und wir hinken so langsam von einem Ort zum nächsten. Wir müssen dies mit dem hygienischen Iran vergleichen, in dem wir nie krank waren. Hoffentlich wird sich das bald bessern, ansonsten werden wir uns anstrengen müssen, es rechtzeitig nach Chennai zu schaffen.
couldn't understand your language…if it is in english then it would be easier to understand…but images are so good..
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