Die Nasse und Winterliche “Trockenzone”
Uluru – Coober Pedy
An einem regnerischen Morgen ließen wir Yulara hinter uns und fuhren in Richtung Coober Pedy los (740km entfernt). Zu unserer Freude hatte der Wind sich gedreht und wir hatten wieder Rückenwind; diesmal schob er uns in Richtung Osten und immer weiter weg von Uluru.
Schon seit Wochen hatten wir von anderen Campern gehört, dass das Epizentrum der momentanen Mausplage in der Gegend von Erldunda war, durch die wir nun fahren mussten. Mäuse hatten bereits mehrere Löcher in unsere Satteltaschen genagt und wir waren der zusätzlichen Arbeit müde, unser Zelt jede Nacht mäusesicher zu machen. Daher brauchten wir eine neue Strategie, um ohne weitere Mäuseschäden durch diese Gegend zu gelangen: Wir würden jede Nacht wild zelten. Wir fanden, dass die Mäuse auf den Campingplätzen aggressiver waren, da sie daran gewöhnt waren, Essen von Campern zu klauen, während die Mäuse draußen in der Natur zwar immer noch neugierig waren, aber lange nicht so versessen auf unser Essen.
Die Nächte waren sehr kalt und wir fanden morgens oft eine dünne Schicht Eis auf unseren Sachen vor, so dass es ziemlich ungemütlich war, uns aus den feuchten Schlafsäcken zu pellen und drei Lagen Merinowolle und Fleece auszuziehen, um unsere Fahrradkleidung anzuziehen. Beim Frühstück warteten wir darauf, dass die Sonne über dem Horizont erschien, um uns etwas aufzuwärmen und das Eis auf unserer Ausrüstung aufzutauen. Meist ist es dann schon 9 Uhr bis wir unsere Fahrräder aus unserem versteckten Zeltplatz schieben, zum Erstaunen der vorbeikommenden Autofahrer.
Nach ein paar Tagen wurde das Terrain flacher und erlaubte einen ungehinderten Ausblick auf den riesigen Horizont. An unserem dritten Tag drehte der Wind wieder und wir kämpften wie üblich mit einem stürmischen Gegenwind. Am Nachmittag erreichten wir Erldunda Roadhouse und den Stuart Highway. Dies war das Ende unseres 1.000km Umwegs nach Kings Canyon und Uluru, und wir freuten uns darauf, wieder in Richtung Süden voranzukommen.
In Erldunda zahlten wir für eine Dusche auf dem Campingplatz und unterhielten uns für eine Weile mit ein paar Männern aus New York, die hier einen Dokumentarfilm über Kamele im Outback drehten. Einige Kilometer hinter dem Roadhouse fanden wir einen Platz für unser Zelt. Geduld war erforderlich, bis der Zaun sich etwas von der Straße entfernte und wir hinter einem kleinen Hügel verschwinden konnten, zwar nur 10m von der Straße entfernt, aber gut versteckt. Als wir morgens das Zelt öffneten, fanden wir einen wunderschönen pfirsichfarbenen Sonnenaufgang vor und gleichzeitig einen doppelten Regenbogen, der sich über den westlichen Himmel spannte.
Leider verdunkelte sich der Himmel bald und es regnete den ganzen Tag. Bei nur 8°C machte dies wirklich keinen Spaß und es schien als ob unsere Reifen am Teer festgeklebt waren, so dass eine Riesenanstrengung erforderlich war, um vorwärtszukommen.
Als wir an der Abzweigung zu einer Rinderfarm vorbeikamen, waren wir erstaunt zu sehen, dass das Bauernhaus ganze 60km hinter der Einfahrt war. Der Briefkasten war natürlich am Stuart Highway, was das Leben für den Postboten einfacher machte. Die Bewohner des Bauernhofs mussten dafür aber 120km fahren, um ihre Post zu holen!
Wir zelteten kurz vor der Grenze nach Südaustralien und erreichten die Grenze am folgenden Morgen. Nachdem wir fast zwei Monate damit verbracht hatten, die Wunder der Natur im Northern Territory zu erkunden, freuten wir uns, endlich den nächsten Staat zu erreichen.
Beim Radfahren sahen wir viele Mäuse am Straßenrand herumhuschen, und dazu auch hunderte von toten Mäusen, die überfahren worden waren. Wie erwartet kamen die Mäuse uns jede Nacht besuchen, kletterten auf unser Zelt, raschelten herum und zogen an unseren Satteltaschen. Sie klauten zwar unseren wertvollen Schlaf, richteten aber keinen echten Schaden an. Das Wort “mäuschenstill” bekommt eine ganz andere Bedeutung wenn man jede Nacht von ihnen wachgehalten wird!
Am sechsten Tag legte sich der Wind endlich und die Sonne kam heraus. Als wir durch die endlose Weite des Outbacks rollten, die Sonne auf unseren Rücken und gute Musik auf unseren Ipods, konnten wir uns kaum einen besseren Tag vorstellen.
Das Roadhouse in Marla hatte einen guten Laden und Campingplatz, so dass wir dort einen Tag freinehmen konnten. Wie üblich verbrachten wir unseren Ruhetag damit, unsere Kleidung zu waschen, ein wenig an den Fahrräder zu werkeln, Nahrungsmittel einzukaufen, viel zu essen und ein wenig zu bloggen.
Als wir Marla verließen, waren wir erstaunt von dem ungewöhnlichen Anblick der überfluteten Wüste, worüber sich nach dem vergangenen Regen insbesondere die Vögel freuten.
Nun kämpften wir wieder mit den Winden und schleppten uns mit nur 10kmh dahin, ein Auge auf die Straße, das andere ungeduldig auf den Tacho gerichtet, wo sich langsam die Kilometer ansammelten. Dieses Schneckentempo machte uns die riesige Landschaft, die wir zu durchqueren versuchten, erst so richtig bewusst. Wir fühlten uns wir kleine Punkte, die durch diesen großen Kontinent krochen. Unser Versuch, die Südküste zu erreichen, schien fast unmöglich.
Als wir an einem Rastplatz unsere Wasservorräte auffüllten, trafen wir ein nettes älteres Paar, John und Gwen, die uns in ihren Wohnwagen einluden, um Minestrone und Pfannkuchen zu essen. Sie hatten gerade einen schönen Strauß Wildblumen gepflückt und bewunderten die üppige Vegetation, da sie von einer vorigen Reise noch Erinnerungen daran hatten, wie diese Gegend komplett lebenslos gewesen war.
Nachdem wir den gemütlichen Wohnwagen hinter uns gelassen hatten, fuhren wir nur noch ein paar Kilometer weiter, bis wir ein Plätzchen für unser Zelt fanden, wo der Boden von einem Teppich von winzigen gelben, rosa und blauen Blümchen bedeckt war. Genau wie wir die blühende Wüste genossen, taten dies auch die Vögel. Kleine Finken nisteten in einem Busch in der Nähe unseres Zeltes, eine weiße Eule und ein majestätischer Adler kam vorbeigeflogen, ein Schwarm kreischender Kakadus kreiste um unser Zelt und mehrere Krähen kommentierten unsere Aktivitäten lautstark von ihren Sitzplätzen in den umliegenden Mulga-Bäumen.
Wir hatten wirklich auf etwas mehr warmes Wetter gehofft bevor wir den ungemütlichen Winter im Süden erreichten, aber am Morgen bedeckten wieder bedrohliche dunkle Wolken den Himmel und es gab einen weiteren kalten Tag. Wir hüllten uns in Fleece, Merinowolle, windfeste Jacken und Überschuhe, Handschuhe und Kapuzen und fuhren los. Kälte und Müdigkeit sind keine guten Voraussetzungen für gute Laune und nach einem grummeligen Austausch beim Mittagessen fuhren wir die nächsten 20km getrennt, bis wir unsere Kräfte wieder vereinigten um unseren gemeinsamen Feind, den Wind, zu bezwingen.
Die Landschaft um Coober Pedy ist dafür bekannt, unwirtlich und öde zu sein, aber momentan gibt es auch hier eine grüne Decke von Pflanzen, so dass sie etwas freundlicher aussieht, eine grün-braune Fläche soweit das Auge reicht.
Unter dieser bescheiden aussehenden Landschaft liegt 90% des Opals in der Welt. Als wir näher an den Opalort Coober Pedy kamen, bemerkten wir hunderte von großen weißen und rosa Ameisenhügeln, wo gebuddelt wurde. Straßenschilder warnten Besucher vor ungekennzeichneten Schächten.
Der Ort, in dem jedes zweite Haus ein rostiges Bergbaurelikt im Vorgarten stehen hatte, erschien uns auf Anhieb etwas surreal, denn sogar im Ort selbst gibt es aktive Minen und viele Häuser, Läden und sogar Kirchen sind unterirdisch, oft indem ungenutzte Minen dazu umgewandelt wurden. Der Name “Coober Pedy” stammt von den Aboriginal Wörtern für “Weißer Mann in einem Loch”. Dies versprach, ein interessanter Aufenthalt zu werden.