Die Blühende Wüste
Dunmara – Tennant Creek
Es war, als ob jemand die Temperatur plötzlich auf “Winter” eingestellt hatte. Die Nächte wurden immer kälter und wir suchten in unseren Pausen eher die Sonne als den Schatten. Die kalten Morgen veranlassten uns dazu, in voller Winterausrüstung radzufahren, mit langer Unterwäsche und dicken Handschuhen. Wir fragten uns ernsthaft, wie wir die noch kälteren Temperaturen um Alice Springs aushalten würden.
Als wir Dunmara verließen, veränderte sich die Landschaft von tropischen Wäldern zu niedrigem Gebüsch, da wir uns am Beginn der Trockenzone im Zentrum Australiens befanden. Dank der gerade zuende gegangenen ungewöhnlich starken Regenzeit war die Wüste allerdings in voller Blüte. Die Straße war oft von gelben Akazien eingesäumt. Wir bewunderten die stacheligen rosa Blumen am Wegesrand, stiegen über weiß blühende Ranken und staunten über die Eukalypten, die ebenfalls blühten.
Die meisten Flüsse waren noch voll Wasser und manchmal sahen wir einen ruhigen Teich, in dem sich alle möglichen Vögel vergnügten – einmal sogar eine Familie von wilden Enten, die dort herumdümpelten.
An den meisten Tagen sahen wir Anzeichen von Schlangen, leider meistens überfahren am Straßenrand. Wir haben ein paar 1,5m lange Braunschlangen gesehen, und eine Klapperschlange. Eine der Braunschlangen sonnte sich auf der Straße und verschwand schnell im Gebüsch als wir näherkamen. In Glaskästen im Zoo ausgestellt sehen die Schlangen zwar beängstigend aus, aber in der Natur sind sie ruhig und schön. Obwohl australische Schlangen berühmt für ihr tödliches Gift sind, sind sie auch sehr scheu. Solange wir sie nicht im langen Gras überraschen und immer viel Lärm machen, verschwinden sie sofort bei unserer Ankunft.
Wir fuhren den ganzen Tag langsam bergauf in Richtung des Dorfs Elliott. Viele Leute, die wir getroffen hatten, hatten uns davor gewarnt, in Elliott zu übernachten. “Es hat einfach eine schlechte Atmosphäre,” sagten sie. “Die Ladenfenster an der Tankstelle sind sogar tagsüber vergittert. Ich würde da nicht übernachten.”
Elliott wäre zwar ein praktischer Ort für eine Übernachtung gewesen, aber wir brauchten auch einen Grund, endlich mal wild zu zelten. So hielten wir Ausschau nach einem Ort für unser Zelt ca 10km vor Elliott. Es war recht schwierig, da das Gebüsch sehr dicht war. Man konnte kaum durchkommen, und auf beiden Seiten der Straße waren Zäune. Endlich fanden wir eine Lichtung. Sie war nicht weit von der Straße entfernt, so dass wir nachts die Road Trains hören konnten, aber wir waren gut genug versteckt, so dass wir sogar ein Feuer machen konnten.
Am Morgen fühlten sich die Beine schwer an, aber die schöne Landschaft trieb uns an, weiterzufahren – zusammen mit der Hoffnung, in Elliott etwas zu Essen zu finden. Manche Reisende finden die Landschaft hier monoton, aber durch unsere langsame Geschwindigkeit sehen wir ständig Veränderungen in der Landschaft. Die Schönheit steckt oft im Detail, von den wilden Blumen, Schmetterlingen und Vögeln bis zu den subtilen Veränderungen in der Farbe der Erde. Natürlich haben wir auch Glück, während so einer tollen Wildblumenblüte hier zu sein.
Wir waren fast ein bisschen enttäuscht, als wir in Elliott ankamen. Alles war ruhig an diesem Samstagmorgen. Klar, die Fenster und Türen an der Tankstelle waren vergittern, und ein paar verkaterte Gestalten hingen in der Nähe herum, aber ansonsten sahen wir nicht viel verdächtige Aktivitäten und fühlten uns sicher.
Elliott war das einzige Dorf auf unserem Weg und unsere einzige wirkliche Hoffnung, Nahrungsmittel zu kaufen, aber der Laden war sehr klein. Alles kostete 2-3 mal soviel wie normalerweise. Natürlich muss es viel kosten, Nahrungsmittel in diese entlegenen Dörfer zu transportieren, aber $5 für ein Brot, das bereits seit 3 Tagen abgelaufen war, ist schon viel für einen armen Radfahrer!
Der Campingplatz in Renner Springs lag direkt neben der Straße und hatte eine recht schlechte Ausstattung, so dass wir beschlossen, in Zukunft mehr wild zu zelten. Der Laden an der Tankstelle war fast leer, außer ein paar Dosen mit Pilzen und Erbsen.
Am nächsten Mittag hatte Frederike mal wieder einen Platten. Wir entdeckten bald einen Schnitt im Hinterreifen. Wir haben jetzt viel mehr Platte, da die Reifen langsam am Ende ihres Lebens angelangen (nach über 10.000km), aber das Profil ist noch ziemlich gut, so dass wir hoffen, sie wenigstens bis Adelaide benutzen zu können. Erstmal tauschten wir aber ihren Reifen gegen unseren Ersatzreifen aus und reparierten den alten Reifen mit Klebstoff.
Beim Banka Banka Hof baten wir um etwas Wasser, das die freundlichen Besitzer uns gerne gaben. Wir sind jetzt wirklich in einer entlegenen Gegend. Die Bauernhöfe hier sind riesig – Banka Banka ist dagegen recht klein, mit “nur” 2.000km², auf denen sie 2.500 Kühe halten wollen. Um die Anzahl der Wasserstellen auf ihrem Grundstück zu zählen, mussten sie einen Helikopter mieten. Der größte Bauernhof in Australien ist mit 24.000km² größer als Israel und acht mal so groß wie der größte Bauernhof in den USA.
Nach 15km fanden wir einen tollen Platz für unser Zelt in der Nähe eines alten Steinbruchs. Das Terrain ist jetzt besser zum Zelten, da das Gebüsch nicht mehr so dicht ist. Wir waren von wilden Blumen und Eukalypten umgeben, so dass es fast wie ein kleiner Garten aussah, mit einer ovalen Lichtung zwischen dem hohen Spinifex Gras. Am Morgen wachten wir davon auf, dass ein neugieriges Känguruh um unser Zelt hüpfte.
An unserem letzten Tag vor Tennant Creek leerten wir die letzten Krümel Instantkaffee und aßen das letzte Bisschen Erdnussbutter und Marmelade, und die letzte Scheibe Brot zum Frühstück. Mittags benutzten wir unser Notfallessen und kochten Instant-Risotto. Sehr hungrig kamen wir am Threeways Roadhouse, 25km vor Tennant Creek an. Ein paar Muffins gaben uns die Energie, nach Tennant Creek zu kommen, wo wir unsere Zeit mit Essen und Ausruhen verbringen wollten.
Erstaunt von der Menge, die wir über die letzten 8 Tage gegessen hatten, gingen wir sofort zum Supermarkt, um etwas zum Abendessen und Frühstück zu kaufen. Zu unserem Erschrecken hatte der Supermarkt aber gerade zugemacht. Stattdessen holten wir uns etwas vom Red Rooster Takeaway zu essen und stellten niedergeschlagen unser Zelt auf dem Campingplatz auf.
Unser Besuch im Supermarkt am nächsten Tag führte zu zwei Entdeckungen: Erstens war alles im Supermarkt viel teurer als im Rest von Australien – schlechte Nachrichten für zwei hungrige Radfahrer – und zweitens gab es im Tiefkühlschrank haarige Känguruhschwänze, lecker!
Hallo
Immer wieder schön, bei Euch zu lesen und die Bilder anzuschauen. Heute das erste mal mit URL von mir. Morgen lesen ich Eure Berichte.
Schönen Gruß
Bastian