Der Basar in Tabriz
Wow. Wir fühlten uns als ob wir zeitversetzt wären. So musste der Große Basar in Istanbul mal gewesen sein, vor sehr langer Zeit, und bevor es dort viel Tourismus gab.
Der Basar in Tabriz ist 7 km2 groß, wobei das meiste ein überdachtes Labyrinth von Läden ist. Der Bau begann vor über 1000 Jahren, und die Backstein-Überdachung wurde im 15. Jahrhundert gebaut. Im Basar gibt es auch 24 Karawansereien – große offene Höfe, in denen früher die Kaufleute mit ihren Kamelen lagerten.
Wir verirrten uns gleich im Basar, und unsere erste Begegnung war mit einem pensionierten Geschichts-Professor, der jetzt Antiquitäten in seinem kleinen Laden im Basar verkaufte. Er zeigte uns viele interessante Dinge, wie Münzen aus dem 18. Jahrhundert, irakische Geldscheine mit Saddam Hussein darauf, und eine handgefertigte Kette, in die man einen Miniatur-Koran stecken konnte.
Als nächstes entdeckten wir eine Bäckerei. Einige andere Kunden empfahlen uns bestimmte Kuchen, und wir kauften Muffins, Sahne-Gebäck und Kekse, alles zusammen für 1 Euro.
In der Teppich-Abteilung kamen wir durch eine große Halle, in der Männer auf dem Boden saßen und Teppiche knoteten. Wir hatten noch nie solche Teppiche gesehen: Viele waren auf Bilderrahmen gespannt und zeigten Bilder wie englische Häuser, Nomaden mit Eseln, Blumensträuße und Teppiche mit arabischen Schriftzeichen. Überraschenderweise gab es auch einige christliche religiöse Teppiche, wie das letzte Abendmahl, und Maria mit dem Baby Jesus. Es gab auch Teppiche, die einen 100 US Dollar Schein darstellten, und sogar einen mit Lady Di darauf!
Niemand beachtete uns. Offensichtlich waren Touristen hier nicht die Hauptkunden – wie angenehm, und was für ein Unterschied zum Großen Basar in Istanbul!
Als wir in der Teppichabteilung herumspazierten trafen wir einen älteren Mann, der sehr gut Englisch sprach. Er trug einen kleinen Teppich unter dem Arm und ludt uns in seinen Laden ein, um Tee zu trinken. Wir akzeptierten und erwarteten, dass er uns einen Teppich verkaufen wollte, dachten aber, dass wir vielleicht etwas lernen könnten. Wir gingen eine kleine Treppe hoch und landeten in einem kleinen Büro voller Teppiche. Mehrere Männer waren bereits da und machten Geschäfte, und unser neuer Freund holte uns Tee. Wir wissen seinen Namen leider nicht, aber er zeigte uns Bilder von anderen Ausländern, die er getroffen hatte, und er war einfach nur daran interessiert, sich mit uns zu unterhalten. Er versuchte nie, uns einen Teppich zu verkaufen. Er erklärte uns aber, dass Tabriz der wichtigste Ort für Teppiche in Iran ist, und dass viele Leute aus Teheran und Esfahan kommen, um hier Teppiche zu kaufen. Er ist der Mann mit dem braunen Anzug im rechten Bild.
Unser Sprachführer für Farsi war nutzlos, da die Leute in dieser Gegend hauptsächlich Azeri sind. 25% der Bevölkerung in Iran ist Azeri, und sie sprechen eine Mischung aus Azeri und Türkisch. Die meisten verstehen oder sprechen auch Farsi, aber es ist nicht ihre Muttersprache. Iran ist ein unglaublich diverses Land, und bisher haben wir nicht viele Perser getroffen. Wir haben hauptsächlich Azeri, Türken und Kurden getroffen, aber wir denken, das wird sich ändern, wenn wir weiter Richtung Süden fahren.
Nach dem Tee führte uns unser neuer Freund durch den Basar. Wir gingen mit ihm durch die Kräuter-und Gewürz-Abteilung, wo viele Läden große Säcke mit duftenden Waren anboten, z.B. Safran, Minze und Lavendel. Er erklärte dass viele Leute hier natürliche Heilmittel benutzen, und die Kräuter wurden für alle möglichen Leiden benutzt.
Wir gingen auch durch die Schmuck-Abteilung, wo Juweliere Ringe machten, und wir besuchten einen Laden, der handgefertigte Messer mit Griffen aus Schafsknochen herstellte. Unser Freund nahm uns mit zu den Honigläden, wo Honigwaben und Gläser mit Honig verkauft wurden. Wir kauften auch saftige iranische Datteln, die von einem spezialisierten Laden abgewogen und in kleine Kästchen verpackt wurden.
Diese altmodische Art des Einkaufens gefiel uns sehr gut. Es war so authentisch, und die Verkäufer waren so stolz auf ihr Handwerk und ihre Produkte. Im Basar in Tabriz fingen wir wirklich an, uns in Iran zu verlieben.
Wir besuchten auch eine Moschee in der Nähe, und dann war es Zeit zum Essen. Wir gingen in ein kleines Restaurant im Basar, wo viele Verkäufer ihr Mittag essen oder Tee trinken und die Wasserpfeife rauchen. Hier wurde uns gezeigt, wie man Dizi isst. Dizi ist ein iranischer Eintopf aus Lamm, Kichererbsen, Kartoffeln und Tomaten. Ihn zu essen ist eine Kunst: Erstmal tut man Fladenbrotstücke in eine Schüssel, und dann gießt man die Flüssigkeit von dem Dizi auf das Brot. Das Brot wird so etwas eingeweicht und dann gegessen. Danach tut man den Rest des Eintopfs in die Schüssel und zerstampft ihn zu einem Brei, bevor man ihn isst. Für Frederike war es ein ungewöhnlicher Geschmack, da sie normalerweise kein Lamm isst, aber es war trotzdem lecker.
Die Obst und Gemüsehändler waren auch exotisch, mit Säcken voller winziger Zitronen, süßen Mandarinen mit einer giftgrünen Schale, und kleinen Handwagen, die hoch mit Granatäpfeln oder gerösteten Rüben beladen waren.
Wir verabschiedeten uns von unserem neuen Freund und gingen zurück zum Hotel. Wir liefen durch einen Park, wo Männer Schach spielten und es eine Reihe von Bücherständen gab. Am nächsten Tag besuchten wir die Blaue Moschee und trafen viele freundliche Leute, einschließlich einer sehr schüchternen 13-jährigen mit ihrem Vater, die uns in ihr Haus einluden. In unseren ersten paar Tagen in Iran haben wir schon so viele Einladungen bekommen, dass es unmöglich ist sie alle zu akzeptieren. Die Leute hier sehen nicht so oft Ausländer und sind sehr an uns interessiert. Wir fühlen uns sehr willkommen. Wir könnten noch viel länger hier in Tabriz bleiben, aber da unser Visum begrenzt ist, müssen wir morgen weiter, um in Richtung Zanjan zu fahren.
Hallo aus Köln,
ich bin froh, daß es Euch gut geht. Als normaler Mitteleuropäer hat man ja gar keine Vorstellung, wie es dort zugeht. Es ist schon erfreulich zu hören, daß Ihr überall willkommen seid und Kontakte knüpfen könnt. Weiterhin eine gute Reise.
Helmut