Alice Springs’ Schluchten per Geländewagen

Alice Springs und die East MacDonnell Ranges

Gleich nach unserer Ankunft in Alice Springs, oder “The Alice”, trafen wir einige nette Leute: Erst Greg und Cyrielle, ein französisches Paar das auf unserem Campingplatz arbeitete, dann Steve, ein Radfahrer aus Canberra, und Andrew und Therese, ein Paar aus Neuseeland das auf einer Geländewagen-Reise ist und neben uns zeltete. Wir hatten auch sehr gehofft, Roger und Catherine wiederzusehen, das kanadische Paar, das wir in der Türkei getroffen hatten, denn sie fuhren auch gerade durch Australien und wollten zur gleichen Zeit in Alice Springs sein. Leider verpassten wir sie aber um einen Tag.

Das Wetter war an den ersten Tagen in Alice Springs wirklich miserabel: Es war eiskalt und regnete. Den ganzen Tag über trugen wir alle unsere Kleidung – ein T-Shirt, zwei langärmlige Merinowoll-Oberteile, einen Fleece und eine Goretex-Jacke, lange Unterhosen, Hose und zwei Paar Socken. Frederike gab sich geschlagen und kaufte eine Wärmflasche, um die kalten Nächte besser zu überstehen. Zum Glück klärte sich das Wetter nach ein paar Tagen auf und obwohl es immer noch kalt war, war es jetzt tagsüber sonnig. Perfekt für einen Spaziergang auf dem Campingplatz, wo wir Vögel beobachteten und die süßen kleinen Rock Wallabies fütterten, die kurz vor Sonnenuntergang den Hügel hinunterkamen.

Rock Wallabies   Vogel auf dem Campingplatz

Therese und Andrew planten eine 4WD Fahrt in die East MacDonnell Ranges, nicht weit von Alice Springs entfernt, und luden uns zu einem “Gelände-Abenteuer” ein. Die Gelegenheit wollten wir nicht missen. Wir planten, für 3 Tage wegzufahren und dann nach Alice Springs zurückzukommen. Unsere Fahrräder wurden sicher in Hausmeister Scotty’s Schuppen geparkt, und unsere Satteltaschen luden wir auf’s Dach von Andrew und Therese’s Landcruiser.

Am Tag unserer Abfahrt fand der Prolog des Finke Desert Race statt. Die Neuseeländer wollten sich das gerne ansehen, und auch ein freundliches deutsches Paar, das wir auf dem Campingplatz getroffen hatten, Christian und Nicole. Gemeinsam fuhren wir zur Rennbahn außerhalb der Stadt und verbrachten dort ein paar Stunden damit, Motorrädern und Quads bei ihrem Rennen zuzusehen. Der Finke Desert Race – ein jährlicher 229km langes Offroad-Rennen durch die Wüste – sollte über die nächsten zwei Tage stattfinden. 

Landrover und Landcruiser   Andrew und Therese

Nachmittags verabschiedeten wir uns von Nicole und Christian, die zur eigentlichen Rennbahn weiterfuhren, um dort zu zelten und sich das Rennen am nächsten Tag anzusehen.

Die MacDonnell Ranges sind von vielen Schluchten durchzogen, von denen einige permanent Wasser führen. Wir fanden einen kleinen Zeltplatz bei John Hayes Rock Hole, der unbemannt war und nur mit einem 4WD zugänglich war, da man durch ein enges, felsiges Flussbett fahren musste. Die Ausstattung war auf ein paar Picknicktische und ein Plumpsklo begrenzt. Wir teilten ein Feuer mit zwei fröhlichen Männern, die uns mit ihrem stundenlangen Kochen unterhielten. Morgens machten wir einen Spaziergang auf einem Berggrat, mit Aussicht auf die Bergketten in der Umgebung, und kamen durch ein Flussbett zurück, das von steilen roten Quarz-Klippen umsäumt war.

Nasse Fuesse   Therese und Andrew bei John Hayes Rock Hole

Nachdem wir unsere Zelte eingepackt hatten, fuhren wir etwas weiter zu Trephina Gorge, um einen weiteren Spaziergang zu machen, bei dem wir durch einen Fluss mit eisigem Wasser waten mussten.

Trephina Gorge

Auf dem Zeltplatz hier waren mehr Leute, da er in einer sehr hübschen Gegend direkt am Fluss lag. Wieder befreundeten wir unsere Nachbarn, die die Voraussicht gehabt hatten, Feuerholz zu sammeln bevor sie in den Nationalpark kamen, in dem das Feuerholzsammeln verboten war. Es war wieder ein lustiger Abend mit vielen Geschichten, und wir backten auch Damper auf ihrem Feuer.

Zeltplatz in Trephina Gorge   Ghost Gum

Unser Plan war, zu den historischen Goldfeldern in Arltunga zu fahren, aber auf dem Weg kamen wir an der Abzweigung nach N’Dhala Gorge vorbei, die offiziell geschlossen war.

“Lass uns mal sehen, wie geschlossen die Straße wirklich ist,” sagte Therese. Wir alle stimmten ihr schnell zu, und damit war unser Schicksal besiegelt.

Der Weg führte durch mehrere Flussbetten, von denen manche noch ziemlich nass waren. Nachdem wir etwas Luft aus den Reifen gelassen und den ersten Fluss erfolgreich durchquert hatten, waren wir zuversichtlich, dass wir es bis zur Schlucht schaffen würden.

Andrew fuhr den Landcruiser in das nächste Flussbett, alles lief super und wir fühlten uns unaufhaltsam. Die Förster waren wohl etwas übervorsichtig gewesen, als sie den Weg geschlossen hatten. Als wir allerdings den weichen Sand in der Mitte des Flussbetts erreichten, verlangsamte sich plötzlich unsere Fahrt und die Räder des Landcruisers drehten durch, als sie in dem matschigen Sand nach Halt suchten. Nun steckten wir auf einmal fest und sanken langsam immer tiefer ein.

Bereit zur Flussueberquerung   Wir stecken fest

Wir sprangen aus dem Auto, um uns das Debakel anzusehen und sanken gleich bis zu den Waden in den Matsch. Da keine anderen Autos in der Gegend waren und wir schon zu tief eingesunken waren, um das Auto auszugraben, war es Zeit, die Seilwinde zu testen. Wir brauchten all unsere Kraft, um das Seil herauszuziehen. Guy und Therese banden das Seil um einen Baumstamm in der Mitte des Flusses, während Andrew das Auto vorbereitete und Frederike mit unserer Kamera die Ereignisse festhielt. Als Andrew die Seilwinde aktivierte, hörten wir den Baumstamm ächzen und langsam auseinanderbrechen. Es war klar, dass der 4 Tonnen schwere Landcruiser zuviel für den Baumstamm war.

Ein stärkerer Baum wurde gefunden und zum Glück war das Seil gerade lang genug. Nun waren die Räder bereits zu 3/4 in den Matsch gesunken. Der Baum hielt, aber diesmal ächzte die Seilwinde unter dem Druck. Ein paar Mal schien sie den Geist aufzugeben, aber letztendlich zog sie den Landcruiser ans sichere Ufer. 

Andrew bereitet die Seilwinde vor   Therese dirigiert die Rettung

Wir waren froh, es zu N’Dhala Gorge geschafft zu haben und machten dort einen Rundweg. Unser Mittagessen stärkte unsere Nerven für die Rückfahrt durch die gleichen Flussbetten. Zu unserer Erleichterung schafften wir es durch die Flussbetten, ohne festzustecken, und waren bald auf dem Weg zu dem Arltunga Goldfeldern. Durch unser kleines Abenteuer war es allerdings schon spät am Nachmittag, so dass wir beschlossen, eine weitere Nacht zu zelten anstatt nach Alice Springs zurückzufahren.

Der Arltunga Campingplatz auf unserer Landkarte existierte nicht mehr, aber wir fanden in der Nähe einen kleinen Weg abseits der Straße und zelteten dort. An unserem letzten Abend machte Therese einen leckeren Schokoladenpudding, der auf dem Feuer gebacken wurde.

Morgens erkundeten wir die historischen Goldminen in Arltunga. In den 1880gern und 1890gern war dort Goldstaub im Quarz entdeckt worden. Da die Gegend so abgelegen war, war das Leben sehr schwer für die Bergarbeiter. Alles Proviant und alle Betriebsstoffe kamen von Adelaide über den Endbahnhof in Oodnadatta. Die letzten 700km der langen Reise mussten mit Kamelen, Pferden oder zu Fuß bewältigt werden. Viele Bergarbeiter schoben all ihre Habseligkeiten, Essen und Wasser mit schweren hölzernen Schubkarren über die Sanddünen und staubigen Wege von Oodnadatta nach Arltunga.

In der Gegend um Arltunga gab es nicht viel Wasser, und das extreme Klima bedeutete, dass die Temperaturen im Sommer oft über 50°C stiegen, während die Winter eisig kalt waren. Den Goldstaub aus dem Quarz zu entziehen war schwer und gefährlich, und nach 20 Jahren wurden die Minen verlassen, da vielversprechendere Goldfelder in anderen Gegenden entdeckt worden waren.

Nachdem wir in einige Minen gekrabbelt waren und ein paar Goldkörnchen im Quarz gefunden hatten, war es an der Zeit, nach Alice Springs zurückzukehren. Wir hatten unsere Landcruiser-Tour genossen und es war fantastisch, die weniger zugänglichen Schluchten zu erkunden, vor allem mit so guten Weggefährten.

Nachdem wir schon eine Woche nicht fahrradgefahren waren, freuten wir uns schon auf die Weiterfahrt und auf die immer wieder intensive Erfahrung, das Outback von unseren Fahrradsitzen aus zu entdecken. Ein paar weitere Tage in Alice Springs verbrachten wir damit, einige Dinge im Ort zu erledigen, die botanischen Gärten zu entdecken und die Cafes zu genießen. Wir statteten auch dem Royal Flying Doctors Service einen Besuch ab, um mehr über die medizinische Versorgung für entlegene Dörfer und Bauernhöfe zu erfahren, wo die Piloten oft auf improvisierten Landebahnen landen müssen, die meist ungeteert und oft auch unbeleuchtet sind.

Der Desert Park war auch einen Besuch wert, denn wir lernten dort einiges über die Flora und Fauna der Flüsse, sandigen Gebiete und Wälder im Zentrum Australiens. Das Nachthaus zeigte viele bedrohte oder in der Wildnis ausgestorbene Säugetiere, und die Raubvogelshow beeindruckte mit frei fliegenden Schwarzmilanen und Falken. 

Raubvogelshow   Kaenguruhs

Erst wollten wir von Alice Springs aus ein Auto mieten, um eine Rundtour nach Uluru (Ayer’s Rock) und Kings Canyon zu machen, aber am Ende fühlte es sich irgendwie falsch an, an diesem tief symbolischen Ort im Herzen unserer neuen Heimat mit dem Auto anzukommen. Wir wollten die Gegend mit dem Fahrrad erkunden, auch wenn dass unsere Reise um zwei Wochen und über 900km verlängerte. Das Schicksal führte allerdings noch etwas anderes im Schilde.

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