Abu Dhabi und die Westliche Region

Drei Wochen lang in Dubai herumzuhängen ist ein teures Unterfangen, vor allem für unser niedriges Radtourer-Budget. Wir hatten erfolglos versucht, eine kostenlose Unterkunft über Couchsurfing oder Warmshowers zu finden, und wohnten daher in einem Hotel. Daher waren wir sehr erfreut, als Chris aus Südafrika uns via Twitter kontaktierte und vorschlug, dass wir bei seiner Tochter Melanie übernachten könnten, die in Abu Dhabi wohnt. 

Einige Tage später packten wir unsere Sachen und ließen die eingepackten Fahrräder in unserem Hotel in Dubai zurück. Es gibt einen guten Bus zwischen Dubai und Abu Dhabi, und wir kamen am späten Nachmittag in Abu Dhabi an. Irgendwie hatten wir allerdings keine genaue Zeit mit Melanie ausgemacht, und als wir sie anriefen, fanden wir heraus, dass sie gerade in Dubai war. Wir mussten ein paar Stunden warten, bis sie zurückkam, aber mit 25kg Gepäck pro Person in zwei Plastik-Strandtaschen waren wir nicht sehr mobil. Es gab in der Nähe ein Einkaufszentrum, und am Ende lösten wir unser Dilemma indem wir alle unsere Siebensachen in einen Einkaufswagen luden. Der Obdachlosen-Look war perfekt, und wir schoben unseren Einkaufswagen vorbei an den Designer-Läden und Cafes ins Einkaufszentrum, um dort zu warten.

Endlich rette Melanie uns und holte uns in ihrem Pajero ab. Ihre Wohnung war etwas außerhalb, da es eine bessere Lage für ihre beiden kleinen Hunde Daisy und Jackie war. Wir fühlten uns sofort wohl bei der lebhaften Melanie, die im Gesundheitswesen an einem IT Projekt arbeitet. Sie wohnt schon seit 9 Jahren in Saudi Arabien und den VAE, so dass sie uns einen faszinierenden Einblick in die arabische Kultur geben konnte.

Melanie arbeitete während der Woche, und wir verbrachten ein paar Tage damit, mit Daisy und Jackie spazierenzugehen, in Cafe’s herumzuhängen, und wegen unseres indischen Visums zwischen Abu Dhabi und Dubai hin- und herzufahren.

Obwohl Melanie den ganzen Tag arbeitete, zeigte sie uns die Highlights von Abu Dhabi. Das beeindruckendste Gebäude, das wir sahen, war der Emirates Palace. Dies ist ein luxuriöses Hotel, das vor kurzer Zeit gebaut wurde und dessen Design dem des Palastes des Scheichs gleicht. Im Hotelfoyer gibt es einen 13m hohen Weihnachtsbaum, der mit glitzernden Juwelen dekoriert ist. Der Weihnachtsbaum hat den Guiness Weltrekord für den teuersten Weihnachtsbaumschmuck gebrochen, denn die Juwelen, mit denen er behangen ist, sind über 11 US$ Millionen wert! Wir amüsierten uns auch mit dem Goldautomaten, der wie ein Getränkeautomat aussieht und goldene Ketten und Souvenirs ausspeit, die bis zu 3000 US$ wert sind. Leider hatten wir aber nur 2$ Kleingeld übrig. Der interessanteste Teil des Hotels ist eine Ausstellung über die Zukunft Abu Dhabi’s und die Pläne, einige tolle Museen zu bauen. Die Architektur des geplanten Guggenheim Museums, des Ablegers des Louvres und des Maritim-Museums sind atemberaubend futuristisch.

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Am Wochenende lud Melanie uns ein, zur Liwa Oase in der Westlichen Region der VAE zu fahren, in der Nähe der Grenze zu Saudi Arabien. Auf dem Weg besuchten wir das Emirates National Auto Museum. Offiziell war es geschlossen, doch mit etwas Trinkgeld überzeugten wir den Wachmann, es für uns zu öffnen. Das Museum ist die private Autosammlung des “Regenbogen-Scheichs”, der so genannt wird, weil er einen andersfarbigen Mercedes 500 SEL für jeden Wochentag hat. Diese sind im Museum ausgestellt, zusammen mit ca 250 anderen Oldtimern und modernen Autos. Das beeindruckendste Stück ist ein riesiger Dodge Power Wagon, der auf einer Skala von 64:1 gebaut wurde. Andere Autos passen leicht darunter, und die Räder sind ca 3m hoch. Dieser wird dazu benutzt, einen riesigen Wohnwagen zu ziehen, der 8 Schlafzimmer mit Balkons enthält, und in dem der Scheich Campingausflüge in die Wüste machte. Ein ziemlicher Kontrast zu unserem kleinen Boris.

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Später am Tag sahen wir einige andere reiche Emiratis auf einem Campingausflug in der Wüste. Wir machten gerade ein Picknick auf einer Sanddüne und genossen die Stille, als ein knallroter Hummer vorbeiröhrte. Der Fahrer und die Passagiere waren traditionell gekleidet, mit einem weißen bodenlangen Gewand, Araberschal auf dem Kopf und den obligatorischen Designer-Sonnenbrillen. Sie winkten uns alle fröhlich zu, und kurz darauf kamen zwei Lieferwagen, die ihre Campingausrüstung trugen – Teppiche, Tische, Stühle usw.! Melanie sagte, dass dies üblich war, und dass sie einmal zum Campen eingeladen war, wobei alle lachten, als sie mit ihrem kleinen Zelt ankam, da das luxuriöse Camp bereits von Dienern für alle Gäste vorbereitet worden war.

Obwohl sie in den Städten wohnen und oft hochrangige Positionen in Unternehmen oder beim Staat halten, haben viele reiche Emiratis immer noch eine Kamel- oder Dattelfarm in der Wüste, wo sie ihre Wochenenden verbringen. Das betrifft auch die königlichen Familien von Abu Dhabi und Dubai, die ursprünglich aus der Liwa Gegend kommen. Im Herzen sind sie immer noch Nomaden und fühlen sich in der Weite der Wüste zu Hause.

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Wir verbrachten den Tag damit, die wellige goldene Dünenlandschaft zu bewundern und hier und da mal von der Teerstraße abzuweichen. Am Abend fanden wir uns zufällig beim Dhafra Festival wieder, was eines der Highlights im Kulturkalender der VAE ist. Das Dhafra Festival feiert die Traditionen des Wüstenlebens, und Leute kommen von überall in den VAE, Saudi Arabien und Oman. Als erstes besuchten wir die Kamelrennbahn, wo wir zusahen, wie Kamele trainiert wurden. Die Rennen finden normalerweise morgens statt, und ein großer Preis von einer halben Million US$ winkt dem Gewinner! Wir besuchten dann den traditionellen Souk mit vielen Marktständen, die emiratisches Essen, Camping-Ausrüstung, Kamelsättel und vor allem viele glitzernde Kamel-Accessoires verkauften, mit denen die Kamele für einen Schönheitswettbewerb dekoriert wurden! Statt sich die Marktstände zu Fuß anzusehen, verließen viele der Emiratis nie ihre weißen Landcruiser. Sie fuhren darin an den Ständen vorbei und ließen nur manchmal die Fenster herunter, um etwas zu kaufen. 

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Melanie spricht Arabisch und konnte mit vielen der Frauen an den Marktständen kommunizieren. An einem Stand bestellten wir Milchtee und wurden sofort von einem lebhaften 10-jährigen Mädchen eingeladen, uns drinnen hinzusetzen. Ihre Mutter war in eine bodenlange schwarze Abbeya gehüllt und trug ein Kopftuch mit einem kleinen Augenschlitz. Sie lehnte unser Geld ab und gab uns eine Schachtel Datteln von ihrer Farm. Die Familie besaß eine Dattel- und Kamelfarm und lud uns ein, sie zu besuchen, wenn wir wieder in der Gegend sein sollten.

Das farbenfrohe Festival bot uns einen fantastischen Einblick in das traditionelle emiratische Leben und die Kultur. Die VAE haben wirklich mehr zu bieten als nur die modernen Hochhäuser und Einkaufszentren in Dubai und Abu Dhabi.

Am nächsten Morgen hatten wir eine weitere interessante Erfahrung. Melanie hatte angeboten, uns via die Oasenstadt Al Ain nach Dubai zurückzufahren. Auf dem Weg kamen wir an einer Kamelrennbahn vorbei, wo gerade ein Rennen begann. Das Rennen wurde live ins Fernsehen übertragen, und den stolzen Kamelbesitzern machte es nichts aus, dass wir uns die Kamele genauer ansahen, während sie auf das nächste Rennen vorbereitet wurden.

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Die Rennbahn ist 10km lang, und die Kamelbesitzer fahren in ihren Autos neben den Kamelen her, um sie anzufeuern. Die Außenseite der Rennbahn ist für Zuschauer reserviert. Der Eintritt ist kostenlos, und wir fuhren einfach auf den Sandweg und folgten den Kamelen. Die Kamele rennen mit 35-40 km/h. Es gibt keine Jockeys, sondern jedes Kamel hat eine kleine elektronische Peitsche am Höcker befestigt, die von der Stimme des Besitzers aktiviert wird. Je mehr er in sein Mikrophon schreit, desto schneller schlägt die Peitsche das Kamel. Es klingt furchtbar, aber in der Realität sehen die Peitschen ziemlich schwach aus, und die meisten funktionieren nicht besonders gut.

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Al Ain war eine schöne grüne Wüstenoase. Melanie musste einem Kollegen einen Schlüssel bringen, und der junge Palästinenser zeigte uns ein Restaurant, wo wir etwas zu essen für ein Picknick kaufen konnten. Mit typischer arabischer Gastfreundschaft bestand er darauf, dafür zu bezahlen. Außerhalb von Al Ain fanden wir einen schönen Picknickplatz in der Nähe von heißen Quellen, und fuhren danach auf den höchsten Berg der VAE, von dem aus wir bis nach Oman hinübersehen konnten.

Nach einer tollen Woche mit Melanie war es Zeit für uns, nach Dubai zurückzufahren, um noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen, bevor wir uns auf den Weg nach Indien machten. Wir sind froh, dass wir die Gelegenheit hatten, eine andere Seite der VAE zu sehen, statt uns nur auf Dubai’s glitzernde Einkaufszentren und Hochhäuser zu beschränken.